Die Räumpflicht beginnt schon lange vor dem ersten Schnee: Bereits im Herbst müssen Hauseigentümer das Laub von den frei zugänglichen Wegen ihres Grundstücks und den Bürgersteigen entfernen. Bleiben Blätter liegen und ein Fußgänger rutscht aus oder stolpert über ein darunter verborgenes Hindernis, kann er den Eigentümer zur Verantwortung ziehen. Von der Verkehrssicherungspflicht können übrigens auch Mieter betroffen sein – wenn der Vermieter sie ihnen schriftlich übertragen hat.
(Bild: Ge.Ko2)
„Jeder Grundstückseigentümer muss die Allgemeinheit vor Gefahren schützen, die von seinem Grundstück und angrenzenden Wegen ausgehen. Und dazu gehört auch die Rutsch- oder Stolpergefahr durch glitschiges Laub“, verdeutlicht Sonja Biorac, Haftpflichtexpertin beim Infocenter der R+V Versicherung. Bei Mietshäusern muss er die Räumpflicht jedoch nicht selbst übernehmen: Per Mietvertrag oder Hausordnung kann er sie den Mietern übertragen. Allerdings muss der Vermieter dann regelmäßig kontrollieren, ob das auch wirklich klappt, so Biorac weiter.
Die Räumpflicht hat allerdings auch Grenzen. Der Hausbesitzer oder Mieter haftet nur dann, wenn er seine Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt hat, zum Beispiel wenn das Laub längere Zeit liegen bleibt oder es gefriert. Jeden Unfall kann und muss er nicht ausschließen – der Aufwand muss angemessen bleiben. Hierbei kommt es auf den Einzelfall an: Liegt viel Laub auf dem Bürgersteig, muss häufiger gekehrt werden, bei einzelnen Blättern nur alle paar Tage. Auch Passanten müssen sich umsichtig verhalten und auf die Gefahrenquelle Herbstlaub einstellen. Dazu gehört auch, dass sie – sofern möglich – nicht einfach durch eine Laubanhäufung laufen oder mit dem Fahrrad schnell hineinfahren. Schließlich könnte sich darunter ein Ast, Glatteis oder ein Schlagloch verbergen.
Gerichtsurteile zum Herbstlaub
Zum Thema Herbstlaub und seine Beseitigung auf Bürgersteigen gibt es auch eine Reihe von Gerichtsurteilen. Diese besagen unter anderem:
- Keine Kehrpflicht am Morgen
Morgens um sieben Uhr braucht Laub noch nicht vom Bürgersteig entfernt sein. Fußgänger und Fahrradfahrer müssen zu dieser frühen Stunde selbst darauf achten, auf nassem Laub nicht auszurutschen. (Landgericht Frankfurt/Main, Az. 2/23 O 368/98) - Gehweg muss nicht ständig gesäubert werden
Grundstückseigentümer oder Mieter müssen die Gehwege vor ihrem Haus nicht jeden Tag vom Laub befreien. Das entschied das Landgericht Coburg und gab damit einer beklagten Grundstücksbesitzerin Recht, die den Bürgersteig alle paar Tage vom Laub befreit hatte und somit ihren Pflichten nachgekommen war. (Landgericht Coburg, Az. 14 O 742/07) - Laub vom Nachbarn oder Straßenbäumen
Vom Nachbargrundstück herüberfallendes oder -wehendes Laub muss hingenommen werden, wenn die Bepflanzung mit Laubbäumen dem Charakter der Gegend entspricht. Dementsprechend ist es auch mit zu beseitigen. (Amtsgericht München, Az. 114 C 31118/12; Oberlandesgericht Hamm, Az. 5 U 116/08) Gleiches gilt auch, wenn das Laub von Straßenbäumen stammt, die eigentlich der Gemeinde gehören. Denn Kommunen dürfen die Straßenreinigungspflicht auf Anlieger übertragen. (Verwaltungsgericht Lüneburg, Az. 5 A 34/07)
Insgesamt belegen solche Urteile die allgemeine Rechtsauffassung, dass Grundstückseigentümer und Mieter mit Beginn der kalten Jahreszeit zwar in der Pflicht sind, übermäßiges Laub auf dem Bürgersteig vor ihrem Haus zu entfernen. Gleichzeitig fordern sie von Fußgängern oder Fahrradfahrern aber auch ein erhöhtes Maß an Vorsicht. Doch was passiert, wenn es doch zu einer herbstlichen Rutschpartie kommt und Mieter oder Hausbesitzer dafür verantwortlich sind, dass sich jemand auf ihrem Grundstück oder auf dem Gehweg verletzt hat? In einer solchen Situation springt im Regelfall – sofern vorhanden – entweder die Privathaftpflicht- oder die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung ein.
(ENDE) finanzwertig.de/24.10.2016