Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie sind inzwischen deutlich spürbar: Für gut ein Fünftel der deutschen Unternehmen ist die aktuelle Lage existenzbedrohend, so das Münchener ifo Institut. Für den Herbst sei mit einer Insolvenzwelle zu rechnen. Für Arbeitnehmer stellen sich in einer solchen Situation viele Fragen: Wie lange bekommen sie noch Lohn? Muss trotz ausstehender Löhne weitergearbeitet werden? Sollte man lieber kündigen? Und was passiert mit Arbeitszeitkonten und Betriebsrenten?
Keine übereilte Eigenkündigung
(Bild: Thomas Günther / aboutpixel.de)
Kündigungen sind bei einer Firmeninsolvenz oft unvermeidbar – warum also nicht gleich selbst kündigen und sich eine längere Unsicherheit ersparen? Doch hier sollten betroffene Arbeitnehmer nichts überstürzen: „Nur bei Aussicht auf eine neue Stelle ist das eine sinnvolle Alternative. Denn mit der Kündigung geht das Recht auf eine mögliche Sozialplanabfindung verloren“, erklärt dazu Markus Hannen, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partneranwalt der Roland Rechtsschutz-Versicherungs-AG. Zudem drohe Beschäftigten nach einer Eigenkündigung ohne neuen Job beim Arbeitslosengeld eine Sperrzeit von bis zu zwölf Wochen.
Eine (drohende) Insolvenz ist für sich genommen auch kein außerordentlicher Kündigungsgrund für ein Unternehmen. Um Beschäftigte abzubauen, muss ihnen durch die Firmenleitung ordnungs- und fristgemäß gekündigt werden. Sonderrechte bei der Kündigung gesteht der Gesetzgeber im Insolvenzfall lediglich einem Insolvenzverwalter zu – dann auch zum Nachteil der Beschäftigten: „Es gilt eine maximale Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende, wenn die Frist gemäß Arbeits- oder Tarifvertrag nicht ohnehin kürzer ist“, so Hannen. Wer das nicht wisse, könne kalt erwischt werden.
Weiterarbeit trotz Lohnausfall?
Viele Menschen verbinden mit einer Insolvenz automatisch Lohnausfälle bzw. einen reduzierten Lohnanspruch. Tatsächlich steht dem Arbeitnehmer auch weiterhin Lohn in voller Höhe zu, solange ihm nicht ordnungsgemäß gekündigt wird. Doch was, wenn ein Unternehmen die Löhne nicht mehr zahlt? „Bei Lohnrückständen ab zwei Monaten hat der Arbeitnehmer das Recht, die Weiterarbeit zu verweigern, bis die Rückstände ausgeglichen sind. Will er kein Risiko eingehen, sollte er davon Gebrauch machen“, rät Arbeitsrechtler Hannen. Während der Zeit der Leistungsverweigerung bleibe auch der Lohnanspruch erhalten, da der Arbeitnehmer unverschuldet die Arbeit nicht erbringe.
Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, sind die Lohnansprüche der Arbeitnehmer vom Insolvenzverwalter vorrangig zu bedienen. Fehlt dem Insolvenzverwalter allerdings das Geld, um Löhne und Insolvenzverfahren zu zahlen, kann das Gericht ihn auch nicht dazu zwingen. Das Verfahren wird dann infolge so genannter Massearmut eingestellt und die Angestellten gehen leer aus.
Überbrückung: Drei Monate Insolvenzgeld
Zeichnet sich die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens ab, ist von den Beschäftigten schnelles Handeln gefragt: „Innerhalb von zwei Monaten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens müssen Arbeiter und Angestellte das Insolvenzgeld bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen“, betont Roland-Partneranwalt Hannen. Dieser Ersatzlohn wird für die letzten drei Monate vor der Insolvenz gezahlt, in denen der Arbeitnehmer mit leeren Händen dastand. Die Arbeitsagentur zahlt dabei den letzten Nettolohn in voller Höhe, die Beiträge zur Sozialversicherung sowie eventuell einen Vorschuss, bis das Gericht die Insolvenz beschlossen hat.
Was passiert mit Arbeitszeitkonten?
Das Ansparen von Arbeitszeit ist für viele Arbeitnehmer eine gern genutzte Möglichkeit, um eine berufliche Auszeit oder einen vorzeitigen Ruhestand vorzubereiten. Wer bei einer Firmenpleite um diese Ersparnisse fürchtet, kann durchatmen: Das entsprechende Guthaben bleibt in der Insolvenz erhalten. „Seit Ende 2008 ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, Arbeitszeitkonten gegen Insolvenz abzusichern“, erklärt Hannen.
Seit Anfang 2009 können Langzeitkonten zudem auf einen möglichen neuen Arbeitgeber übertragen werden. Ist noch kein neuer Job gefunden, kann das Guthaben – d.h. der finanzielle Ausgleich für die Arbeitsstunden – seit dem 1. Juli 2009 auch auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen werden. Diese übernimmt später die Auszahlungen als Rente.
Betriebliche Altersvorsorge
Auch Betriebsrenten fallen bei einer Firmenpleite nicht einfach unter den Tisch. Im Insolvenzfall springt der Pensions-Sicherungs-Verein für die betriebliche Altersvorsorge ein. Dieser Verein wird von über 70.000 Unternehmen finanziert, die ihren Mitarbeitern eine Betriebsrente zugesagt haben. Bei Insolvenz übernimmt der Sicherungsfonds dann die Zahlung der vollen Leistung.
Quelle: Roland Rechtsschutz-Versicherung, ifo Institut
(ENDE) finanzwertig.de/01.07.2010 [zuletzt aktualisiert: 03.07.2020]