Das Heer der Klickarbeiter im Internet wächst. Mehr als ein Nebenverdienst ist dabei für viele nicht drin. Aber die Mehrheit von ihnen fühlt sich trotzdem nicht ausgebeutet, wie aus einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung zur Arbeitswelt der Zukunft hervorgeht.
(Bild: Rainer Sturm | pixelio.de)
Sie sind jederzeit verfügbar. Jeder kann sie anheuern. Sie arbeiten mal hier, mal dort, meistens aber am heimischen Computer. Die Rede ist von „Crowd-“ oder „Clickworkern“, die ihre Dienste über das Internet anbieten. Sie übernehmen für Unternehmen einfache Nebentätigkeiten wie die Recherche von Adressen, das Übersetzen fremdsprachlicher Texte, Fehlertests für neue Software oder die Verschlagwortung von Bildern. Wer über die Zeit und das nötige Fachwissen verfügt, kann auch größere Arbeiten wie das Erstellen einer Webseite und die Gestaltung eines Firmendesigns übernehmen.
Wer sind die digitalen Tagelöhner und was denken sie selbst über ihre Arbeit? Mit solchen Fragen beschäftigt sich unter anderem ein Team von Wissenschaftlern um den Informatikprofessor Jan Marco Leimeister an der Universität Kassel. Ihre von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie liefert – basierend auf einer Befragung von 434 Crowd Workern – erstmals wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wie Klickarbeiter in Deutschland arbeiten. Dabei zeigt sich: Crowdworker sind häufig gut ausgebildet. Viele nutzen die Jobs im Internet als Zuverdienst, doch gut ein Fünftel der Befragten verdient damit den Lebensunterhalt – zum Beispiel als Programmierer oder Designer.
Ihre Aufträge erhalten Clickworker in der Regel über verschiedene Online-Portale. Solche Marktplätze im Internet machen es Freiberuflern leicht, in Kontakt mit potenziellen Auftraggebern zu kommen. Umgekehrt können Arbeitgeber dort jederzeit auf ein großes Reservoir an Arbeitskräften mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten zurückgreifen. Die Vergabe von Arbeiten an eine anonyme Masse im Netz wird auch „Crowdsourcing“ genannt, ein Kofferwort aus „Crowd“ (zu Deutsch: Menschenmenge) und „Outsourcing“ (Auslagerung). Für die Unternehmen hat Crowdsourcing den Vorteil, dass sie Aufgaben schnell und flexibel bearbeiten lassen können. Eine mögliche Gefahr hierbei: Was vorher von Festangestellten erledigt wurde, könnte an Klickarbeiter ausgelagert werden.
„Crowd Work hat in den vergangenen Jahren ein erstaunliches Wachstum verzeichnet“, schreiben die Wissenschaftler in der Auswertung ihrer Studie. Einen Hinweis darauf, wie viele Klickarbeiter in Deutschland existieren, liefern die Nutzerzahlen einzelner Marktplätze. Eine der größten und ältesten Plattformen ist „Clickworker“, ein Viertel der mehr als 700.000 Mitglieder stammt nach Angaben des Anbieters aus Deutschland. Auch auf internationalen Marktplätzen wie „Freelancer“, „Upwork“ oder „99Designs“ sind mehrere Tausend Mitglieder aus dem deutschsprachigen Raum registriert.
Klickarbeit ist überwiegend Nebenerwerb
So groß wie für die Klickarbeiter die Bandbreite der Jobs im Internet ist, so unterschiedlich ist auch ihr Einkommen: Etwa 70 Prozent verdienen der Studie zufolge weniger als 500 Euro im Monat – als „effektives Einkommen“ nach Abzug der Gebühren der Plattformen, aber vor Steuern. Dabei handelt es sich häufig um Nebenverdienste. Insgesamt liegt das mittlere Einkommen derjenigen, die nebenberuflich als Crowdworker tätig sind, bei 326 Euro pro Monat. Bei den Crowd Workern im Hauptberuf – das sind rund 20 Prozent der Befragten – beträgt das mittlere „effektive“ Einkommen rund 1.500 Euro.
Etwas mehr als die Hälfte derjenigen, die ihr Haupteinkommen aus der digitalen Erwerbsarbeit erzielen, sorgt der Studie zufolge nicht für das Alter vor. Feste Arbeitszeiten kennen sie ebenso wenig wie Kündigungsschutz oder Urlaubsanspruch. Wenig verwunderlich, dass die Mehrheit der Crowdworker „nicht zufrieden mit dem Arbeitsumfeld“ ist. Gleichzeitig fühlen sie sich überwiegend aber auch „nicht ausgebeutet“, wie es in der Studie heißt. Am wenigsten zufrieden mit Bezahlung und Wertschätzung sind demnach Designer. Ein Grund könnte der spezielle Wettbewerb in diesem Bereich sein, vermuten die Wissenschaftler. Bei Ausschreibungen reichen mehrere Mitbewerber ihre Entwürfe ein. Doch nur wer den Zuschlag erhält, wird entlohnt. Dass der Rest leer ausgeht, empfinden viele als unfair.
Eher was für Singles
Was die Studie sonst noch über die Crowdworker zeigt: Der überwiegende Teil von ihnen ist gut ausgebildet – knapp die Hälfte hat einen Hochschulabschluss. Der Anteil der Männer ist geringfügig höher als der der Frauen. Die Mehrheit ist ledig. „Hier liegt die Vermutung nahe, dass diese ihre persönliche Freizeit stärker für Crowd Work nutzen als verheiratete oder in einer Partnerschaft lebende Personen“, so die Wissenschaftler. Gut die Hälfte der Befragten gibt an, dass sie zu unterschiedlichen Tageszeiten arbeiten, häufig abends oder nachts. Nur vier Prozent sind regelmäßig morgens aktiv. Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt knapp 14 Stunden pro Woche.
Jan Marco Leimeister, David Durward, Shkodran Zogaj: „Crowd Worker in Deutschland – Eine empirische Studie zum Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen“, Study der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 323, Juli 2016, online unter http://www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_323.pdf (.pdf-Datei).
Quelle: Deutsches Verbände Forum
(Ende) finanzwertig/17.10.2016/mar