Kritik von Verbraucherschützern

‚Finanztest‘: Dispozinsen vieler deutscher Banken zu hoch

Trotz historisch niedriger Leitzinsen verlangen viele Banken noch immer extrem hohe Zinsen für Dispokredite. Insgesamt reicht die Spanne der Dispozinsen von 6 bis 16,99 Prozent, wie die Stiftung Warentest bei einer Analyse von 992 Banken und Sparkassen festgestellt hat. Wer sein Konto überziehe, müsse gerade bei vielen kleinen Instituten hohe Zinsen zahlen, berichten die Verbraucherschützer in ihrem Magazin ‚Finanztest‘.

Dispozins – Die 21 teuersten Banken (Stiftung Warentest)Die 21 teuersten Banken
(Bild: Stiftung Warentest)

Jeder sechste deutsche Bankkunde steht demnach mit seinem Konto in den roten Zahlen. Besonders teuer werde es für viele, die bei einer kleinen, regionalen Sparkasse, Volks- oder Raiffeisenbank ein Konto führen, denn diese Geldinstitute langten vielerorts besonders dreist zu: Dispozinsen von 14 Prozent und mehr verlangten 21 Geldinstitute im Test, darunter die Raiffeisenbank Gefrees (14,95 Prozent), die Sparkasse Münden (14,75 Prozent), die Volksbank Bühl (14,50 Prozent) oder, abhängig von der Kreditwürdigkeit des Kunden, die Stadtsparkasse Hameln (bis 15,75 Prozent – siehe auch nebenstehende Grafik).

Schlusslicht der Untersuchung sei die Targobank, vormals Citibank, die in einem Kontomodell 16,99 Prozent verlange. Fast genauso viel (16,98 Prozent) berechne auch die Santander Consumer Bank, wenn der Kunde mit mehr als 1.000 Euro verschuldet ist. Die günstigsten Anbieter waren laut ‚Finanztest‘ die Direktbanken Skatbank (6 Prozent) sowie DAB Bank (6,95 Prozent). Dass auch Filialbanken nicht teuer sein müssen, zeige zudem das Beispiel der Stadtsparkasse Schwedt an der Oder. Hier gelte bei Dispositionskrediten ein Zinssatz von neun Prozent. Insgesamt liege der Dispozinssatz im Durchschnitt bei 12,5 Prozent.

Die ausführlichen Ergebnisse der Dispozinsen-Erhebung finden sich in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift ‚Finanztest‘ und online unter www.test.de/dispo.

Die Banken selbst können sich so günstig wie nie Geld leihen. Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins im Zuge der Finanzkrise von 4,25 Prozent im Oktober 2008 auf ein historisches Tief von 1 Prozent im Mai 2009 gesenkt – und dort steht er bis heute. Doch die Banken geben die Leitzinssenkung nicht vollständig an ihre Kunden weiter. Bezogen auf das aktuelle Kreditvolumen von 41,6 Milliarden Euro bedeute jeder Prozentpunkt an Zinsen, der nicht an die Bankkunden weitergegeben werde, einen Gewinn von rund 400 Millionen Euro in die Kassen der Banken, kritisiert Stephanie Pallasch von ‚Finanztest‘.

Aigner kündigt eigene Studie an

Mit ihrer Erhebung hat die Stiftung Warentest auch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) auf den Plan gerufen: „Ich werde diese Ergebnisse zum Anlass nehmen, eine ausführliche Studie zum Zinsanpassungsverhalten der Banken in Auftrag zu geben“, sagte sie im Gespräch mit dem Handelsblatt. Zinsen von bis zu 17 Prozent seien aus ihrer Sicht nicht begründbar. Es könne nicht sein, dass die Banken einerseits die Vorteile der erheblichen Zinssenkungen der Zentralbank einkassieren, andererseits aber die Kunden mit teuren Krediten im Regen stehen lassen würden.

Dispo- oder Ratenkredit?

Bis die Dispozinsen eventuell vom Gesetzgeber begrenzt werden, heißt es für Kreditnehmer weiterhin grundsätzlich: Ein Dispositionskredit sollte nur dann in Anspruch genommen werden, wenn das Geld schnell zurückgezahlt werden kann. Als Faustregel gilt dabei, dass der Geldbedarf nicht mehr als zwei bis drei Nettomonatsgehälter beträgt. Wird der Kredit über einen längeren Zeitraum benötigt, ist im Regelfall ein Ratenkredit trotz der anfallenden Bearbeitungsgebühren die preiswertere Alternative.

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Quelle: Stiftung Warentest / ‚Finanztest‘ (Ausgabe 10/2010), zudem siehe Links
(ENDE) finanzwertig.de/15.09.2010